Vojdani, Bahareh: Vergleich des klinischen Phänotyps von opiatabhängigen Patienten unterschiedlicher Rekrutierungsmodi für genetische Assoziationsstudien. - Bonn, 2008. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5M-15583
@phdthesis{handle:20.500.11811/3791,
urn: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5M-15583,
author = {{Bahareh Vojdani}},
title = {Vergleich des klinischen Phänotyps von opiatabhängigen Patienten unterschiedlicher Rekrutierungsmodi für genetische Assoziationsstudien},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2008,
note = {Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen stellen ein großes gesellschaftliches und medizinisches Problem dar. Geeignete Behandlungs- und Präventionsmaßnahmen können nur auf der Basis von Kenntnissen über die Genese von solchen Erkrankungen entwickelt werden. Die lange Zeit vertretene Auffassung, dass ausschließlich soziale Faktoren eine Abhängigkeitserkrankung bedingen, gilt heute als überholt. Vielmehr geht man davon aus, dass etwa je zur Hälfte soziale und genetische Bedingungsfaktoren zur Genese solcher Erkrankungen beitragen. Die genetischen Faktoren sind zurzeit weitgehend unbekannt, nicht zuletzt, weil die bisher angewandten genetischen Assoziationsstudien, in denen versucht wird, einzelne Risikogene zu bestimmen, unzureichend waren. Eine große Anzahl von falsch-positiven Befunden wurde bisher durch sogenannte Fall-Kontroll Studien erzielt. In diesen Studien wird der Genotyp von erkrankten Personen mit dem Genotyp von nicht-verwandten, gesunden Personen verglichen. Diese Methode ist jedoch potenziell fehlerbehaftet, wenn z.B. eine bestimmte ethnische Gruppe entweder im Patienten- oder im Kontrollkollektiv überrepräsentiert ist. Die zu erwartende Häufung bestimmter Genvarianten in einem der beiden Kollektive würde dann zwangsläufig zu falsch positiven Assoziationsbefunden führen. Ein „interner“ Abgleich der genetischen Information zwischen erkrankten und nicht erkrankten Individuen innerhalb einer Familie sollte derartige populationsgenetische Fehler eliminieren. Einige Hinweise deuten jedoch darauf hin, dass dieses Studiendesign ebenfalls Nachteile haben kann: Eine ausschliessliche Untersuchung von Patienten, deren leibliche Eltern ebenfalls für die Studie zur Verfügung stehen, bedeutet eine Beschränkung auf einen Bruchteil der Gesamtheit der Erkrankten. Dies wirft die Frage auf, ob die Untersuchten Patienten wirklich repräsentativ für alle Abhängigen sind.
In der vorliegenden Arbeit wird anhand von Patientendaten Opiatabhängiger untersucht, ob die Art des Rekrutierungsmodus – Erhebung der Patienten im Rahmen von Fall-Kontroll Studien oder aber zusammen mit den Eltern als Patienten-Eltern Trios – das Ergebnis von genetischen Assoziationsstudien insbesondere bei Heroinabhängigen beeinflussen kann.
Mit Hilfe eines semistrukturierten diagnostischen Interviews (SIGAD) der deutschen Übersetzung des SSAGA wurden die Daten von 327 Fall-Kontroll Patienten und von 120 Trio-Patienten erhoben und daraufhin untersucht, ob statistisch signifikante Unterschiede zwischen diesen beiden Patientenkollektiven bestehen. Erwartungsgemäß war das Durchschnittsalter der Patienten aus dem Trio-Kollektiv signifikant niedriger als das der Patienten aus dem Fall-Kontroll Kollektiv. Weitere Untersuchungen ergaben, dass sich beide Patientengruppen auch im Durchschnitt hinsichtlich der sozialen Herkunft bzw. hinsichtlich des Bildungsniveaus unterschieden. Die Fall-Kontroll Patienten waren in fast jeder Hinsicht (Bildungsniveau, berufliche Situation, berufliche und finanzielle Situation der Eltern, soziale Konflikte der Eltern etc.) schlechter gestellt als die Trio-Patienten. In einigen Fällen waren diese Unterschiede statistisch signifikant.
Für die Validität von genetischen Assoziationsstudien ist jedoch entscheidend, ob sich beide Patientengruppen auch in genetischer Hinsicht unterscheiden. Besonders interessant ist daher, dass die Trio-Patienten ein niedrigeres Ersterkrankungsalter aufweisen und insgesamt schwerer von der Abhängigkeitserkrankung betroffen sind als die Fall-Kontroll Patienten. Ein Vergleich, wieviele Kriterien zur Diagnose einer Heroinabhängigkeit nach DSM-III-R von den jeweiligen Patienten erfüllt wurden, ergab, dass die mittlere Anzahl der bei den Patienten festgestellten Abhängigkeitskriterien bei der Gruppe der Trio-Patienten signifikant höher war. Bisher liegen jedoch keine soliden Erkenntnisse vor, ob das Ersterkrankungsalter und die Stärke einer Opiatabhängigkeit genetisch determiniert sind. Es wurde daher versucht, weitere Hinweise auf unterschiedliche Bedingungsfaktoren für die Erkankungen der jeweiligen Patientengruppen zu erhalten. Zu diesem Zweck wurde die Komorbidität mit weiteren Achse I Störungen (Abhängigkeit von weiteren Stoffen) und mit antisozialer Persönlichkeitsstörung als wichtigster Achse II Komorbidität untersucht. Weder diese Untersuchung, noch die Erhebung von Daten zu psychiatrischen Störungen von Verwandten 1. Grades mittels des Family History Information (FHI) Fragebogens ergab besondere, statistisch signifikante Unterschiede.
Als Fazit dieser Studie bleibt daher die Feststellung, dass für genetische Assoziationsstudien zur Genese der Opiatabhängigkeit ein familienbasiertes Design unter Zuhilfenahme von Eltern-Patienten Trios nicht verworfen werden muss. Die relativ einfache Möglichkeit der Eliminierung von Stratifikationseffekten, die eine wichtige Fehlerquelle für genetische Assoziationsstudien darstellen, bleibt dadurch für einzelne Studien erhalten. Andererseits darf der Selektionseffekt bezüglich Alter, sozialer Herkunft und insbesondere auch Ersterkrankungsalter und Stärke der Krankheit (soweit messbar) nicht übersehen werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass zukünftige Forschung eine genetische Beeinflussung dieser Parameter nachweisen kann. Als sinnvollste Vorgehensweise erscheint daher, wie bisher zu versuchen, eine möglichst große Anzahl von Patienten bzw. Erkrankten mit Hilfe von diagnostischen Erhebungssystemen zu erfassen. Falls möglich, sollte dies in Form von Eltern-Patienten Trios geschehen. Ein Verzicht auf die Datenterhebung von Patienten, deren leibliche Eltern nicht für eine Untersuchung zur Verfügung stehen, kann jedoch nicht empfohlen werden.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/3791}
}

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