Damm, Tobias: Kalorimetrie und Phasenkorrelationen eines zweidimensionalen Photonengases. - Bonn, 2017. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5n-48237
@phdthesis{handle:20.500.11811/7252,
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title = {Kalorimetrie und Phasenkorrelationen eines zweidimensionalen Photonengases},
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year = 2017,
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note = {Phasenübergänge spielen in der Physik eine bedeutende Rolle. Es entspricht unserer Alltagserfahrung, dass Materie ihre Eigenschaften in Abhängigkeit von äußeren Parametern wie Volumen, Druck oder Temperatur bei Überschreiten gewisser Phasengrenzen grundlegend ändern kann. Eine solche Grenze stellt der Übergang eines klassischen Gases von Teilchen mit ganzzahligem Spin hin zu einem entarteten Quantengas dar: Die Bose-Einstein-Kondensation. Bei gegebener Dichte führt das kollektive Verhalten der Teilchen durch den Überlapp ihrer quantenmechanischen Wellenpakete unterhalb einer bestimmten Temperatur zu einer makroskopischen Besetzung nur eines Zustandes, sodass das Gesamtsystem durch nur eine Wellenfunktion beschrieben werden kann. Die Kondensation ist ein rein quantenstatistischer Effekt, basierend auf der grundlegenden Ununterscheidbarkeit bosonischer Teilchen, und somit unabhängig von der Existenz jeglicher Wechselwirkungen.
Das in dieser Arbeit untersuchte zweidimensionale, harmonisch gefangene Photonengas in einem Farbstoff-Mikroresonator ist der Schwarzkörperstrahlung sehr ähnlich, unterscheidet sich jedoch in einem zentralen Punkt: Der verwendete Fluoreszenzfarbstoff kann, anders als die Wände des Schwarzkörpers, nicht thermisch angeregt werden, da die Anregungsenergie des elektronischen Übergangs um mehr als eine Größenordnung oberhalb der thermischen Energie liegt. Weiter muss der Farbstoff ein zuvor absorbiertes Photon zwangsläufig wieder emittieren, wobei es dem angeregten Farbstoffmolekül erlaubt ist, durch Stöße mit Lösungsmittelmolekülen Energie auszutauschen. Durch wiederholte Absorptions- und Reemissions-Prozesse koppelt das Photonengas so an das durch den Farbstoff gebildete Wärmebad und thermalisiert bei Raumtemperatur. Zudem beschränkt der Mikroresonator das Photonengas durch Festhalten des longitudinalen Wellenvektors auf seine beiden transversalen Freiheitsgrade. Dies führt zu einem nicht-trivialen Grundzustand mit einer unteren Abschneidefrequenz, sodass sich das Photonengas formal äquivalent zu einem Gas aus massiven bosonischen Teilchen verhält. Letzteres spiegelt sich auch in dem quadratischen Verlauf der Dispersionsrelation wider, welcher charakteristisch für ein Gas massiver Teilchen ist. Bei Erhöhung der Teilchenzahl kann der Phasenübergang zum Bose-Einstein-Kondensat beobachtet werden, indiziert durch die makroskopische Besetzung des Grundmoden im harmonischen Fallenpotential.
Zentrales Thema der vorliegenden Arbeit ist die experimentelle Untersuchung der Ordnungsparameter des Photonengases beim Übergang aus der klassischen, vollständig durch die Boltzmann-Statistik beschriebenen thermischen Phase hin zum quantenentarteten Bose-Einstein-Kondensat. Zunächst erfolgt eine Bestimmung der kalorischen Eigenschaften des Systems, insbesondere der inneren Energie, der spezifischen Wärme und der Entropie anhand von spektroskopischen Messungen der Photonenzahlverteilung im Mikroresonator. Dabei zeigt sich eine gute Übereinstimmung mit den Erwartungen gemäß der Theorie des idealen Bosegases. Im Grenzfall hoher Temperaturen (geringer Teilchenzahlen) verhält sich das Photonengas wie ein klassisches einkomponentiges Gas, dessen Gesamtenergie gemäß des Äquipartitionstheorems mit der Temperatur und der Anzahl an Freiheitsgraden skaliert. Für tiefe Temperaturen (hohe Teilchenzahlen) strebt der Energieinhalt pro Teilchen des kondensierten Systems gegen 0, was gleichbedeutend ist zu einer unendlich großen Kompressibilität, wie sie für das ideale Bosegas zu erwarten ist. Der Phasenübergang wird besonders eindrucksvoll durch den spitzen Verlauf der spezifischen Wärme sichtbar, ähnlich dem bekannten λ-Übergang von flüssigem 4He in seine suprafluide Phase.
In einem weiteren Schritt erfolgt eine interferometrische Untersuchung der Korrelationen erster Ordnung, die als direkte Indikatoren für den Grad an Ordnung im System dienen. In der thermischen Phase fällt die transversale Kohärenz auf einer von der thermischen de Broglie Wellenlänge vorgegebenen Längenskala ab. Dabei zeigt diese sowohl eine quantitative Übereinstimmung mit der Erwartung für ein Teilchen mit einer Masse, die der effektiven Photonenmasse im Resonator entspricht, als auch die erwartete Skalierung mit der Temperatur. Es konnte somit im Rahmen der vorliegenden Arbeit erstmalig die tatsächliche thermische de Broglie Länge eines photonischen Systems vermessen werden. Überdies konnte gezeigt werden, dass der Phasenübergang zum Kondensat einsetzt, sobald die theoretisch erwartete Phasenraumdichte erreicht ist. Die Annahme, dass die Quantennatur der Teilchen genau dann eine dominierende Rolle einnimmt, wenn ihre Wellenpakete überlappen, konnte somit für ein photonisches System verifiziert werden. Mit Einsetzen der Kondensation wächst die Kohärenz rasch an, sodass eine das gesamte System umfassende, langreichweitige Ordnung etabliert wird. In der Gesamtbetrachtung zeigt sich, dass das harmonisch gefangene, zweidimensionale Photonengas im farbstoffgefüllten Mikroresonator der Realisierung eines idealen Bosegases unerreicht nahe kommt.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/7252}
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