Timm, Christian: Place Identity und gesundheitliches Wohlbefinden : Die Bildung von Identität am Wohnort und ihre salutogenetische Wirkung am Beispiel von Neubaugebieten außerhalb der Stadt. - Bonn, 2021. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5-64811
@phdthesis{handle:20.500.11811/9486,
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year = 2021,
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note = {Wohnorte können für uns so bedeutsam sein, dass sie unsere Identität in besonderer Weise beeinflussen. So kann der Ort, an dem wir wohnen und leben, unsere Heimat sein, unsere Identität prägen oder sogar als ein Teil unserer eigenen personalen Identität empfunden werden. Welche Aspekte des Wohnortes dazu beitragen, dass dieser so bedeutsam für uns wird, ist nicht eindeutig festzustellen. Identitätsprägend sind neben dem Wohnort selbst auch die Menschen, die an ihm leben, diesen mitgestalten und das eigene Sein an diesem Ort reflektieren. Nicht zuletzt werden persönliche Einstellungen, Eigenschaften oder eigene persönliche ortsbezogene Erfahrungen von Menschen an einen Wohnort mitgebracht und sind ebenfalls wichtige Elemente einer ortsbezogenen Identität. Ein Ort oder Raum, dem wir eine Bedeutung zuschreiben oder den wir mit Bedeutung und Sinn füllen, wird in der englischsprachigen Literatur mit dem Begriff place beschrieben, welcher Teil des aktuellen Diskurses der gesundheitsgeographischen Forschung ist. Eine Konstruktion des Selbst in seiner physischen und sozialen Umwelt mit seiner Verbindung zu bestimmten Orten wird als place identity verstanden. Eine eingehende Betrachtung identitätsstiftender Elemente bzgl. eines (Wohn-)Ortes ist dementsprechend komplex und empirische Untersuchungen dieser theoretischen Annahmen zur Erklärung der Bildung und Entstehung wohnortsbezogener „place identity“ sind bislang wenig erfolgt.
Wir fühlen uns an Orten wohl, die wir als stimmig und kohärent empfinden. Dieses Kohärenzgefühl stellt sich ein, wenn ein place es vermag, unsere Identität mit zu bilden und somit Teil dieser zu sein. Aus dem Empfinden von Zugehörigkeit und Wohlbefinden resultiert ein Gefühl sozialer Einbettung und inneren Einklangs (der Stimmigkeit) mit dem Wohnumfeld. Kohärenz mobilisiert im Sinne der Salutogenese (ANTONOVSKY 1979) Widerstandsressourcen, welche Stressoren des alltäglichen Lebens entgegenwirken, unser Wohlbefinden steigern und somit unsere Gesundheit fördern. Die Wirkung der place identity auf unser Wohlbefinden und unseren sense of coherence sowie der sich daraus ergebende Einfluss auf unsere Gesundheit wurde aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge ebenfalls bisher nicht empirisch erforscht.
Ein mixed methods Ansatz aus einer GIS (geographisches Informationssystem) gestützten Raumanalyse, einer quantitativen Befragung und qualitativen Interviews konnte diese Komplexität erfassen. Durch die Triangulation der Ergebnisse konnten Erkenntnisse zur Bildung von wohnortbezogener place identity gewonnen werden. Auf der Basis einer umfangreichen Literaturrecherche wurde ein theoretisches Modell der „place identity“ hergeleitet, das eine tiefgehende Analyse von Wohnorten als besondere Form des place, unter den Aspekten personale Identität und soziale Identität, ermöglichte.
Eine räumliche Kontrastierung anhand von Kriterien wie der Erreichbarkeit, der Landnutzung, des Reliefs sowie soziokultureller und versorgender points of interest (POIs) gaben Hinweise auf weitere Faktoren räumlicher Beschaffenheiten, welche place identity begünstigen, wobei eine verminderte Erreichbarkeit, eine starke, bewaldete Reliefausbildung zur Formung der empfundenen Landschaft sowie eine hohe Dichte an soziokulturellen POIs die Identitätsbildung fördern können. Die Ergebnisse der quantitativen Befragungen und der qualitativen Interviews bestätigen die Wirkung dieser räumlichen Faktoren.
Auf den verschiedenen Ebenen der räumlichen Betrachtung (Region, Gemeinde, Quartier) zeigen sich deutliche Unterschiede semantischer Zuschreibungen von Identität und Heimat. Place identity kann auf der Ebene des Zuhauses, des Quartiers oder der Gemeinde abgegrenzt und die Bedeutung der alltäglichen Lebenswelt als wohnortbasierter place identifiziert werden. Gesellschaftliche Praktiken bringen identitätsstiftende, reflexive Elemente hervor, die von der Nachbarschaftsebene, dem Quartier, der Gemeinde bis zur Region oder Nation erfahren werden können. Jedoch spielen Nation oder Region anders als bei dem Begriff Heimat eine eher untergeordnete Rolle in der Bildung einer place identity. Place identity stellt sich als ein dynamisches Phänomen dar, welches durch individuelle Lebensgeschichten Veränderungen erfährt und weniger von der Wohndauer abhängig ist als vom Zusammenwirken persönlicher Erfahrungen, sozialer Reflektionen und natürlichen oder gebauten Elementen des (Wohn-) Ortes.
Menschen, die sich besonders stark mit ihrem Wohnort identifizieren, weisen einen signifikant höheren well-being-Index und eine höhere ortsbezogene Lebenszufriedenheit auf und erfahren somit eine Steigerung des gesundheitlichen Wohlbefindens. Zudem zeigt sich ein ausgeprägter sense of coherence besonders dann, wenn der Wohnort als Teil der eigenen Identität empfunden wird. Der Zusammenhang von place identity und sense of coherence wird somit deutlich. Neben dem natürlichen landschaftlichen Erscheinungsbild (z.B. Wälder) oder der gebauten Landschaft (z.B. Kirchen und Plätze) fördern auch Faktoren wie Sicherheit, Versorgung, Struktur und soziale Einbettung den sense of coherence und tragen so zum gesundheitlichen Wohlbefinden bei. Die vorliegenden Untersuchungen zeigen, welche Elemente in welcher Weise an einem Wohnort zusammenwirken, damit place identity entstehen kann. Die gesundheitliche Wirkung einer wohnortsbezogenen place identity konnte in dieser Untersuchung nachgewiesen werden.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/9486}
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