Müller, Barbara F.: Hochmut und Demut in der angelsächsischen Theologie : Studien zur altenglischen Interpretation von Gregor dem Großen, Orosius, Boethius und Augustin im Frühmittelalter. - Bonn, 2016. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5-45825
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month = dec,

note = {In ihrer Dissertation vertritt die Verfasserin die Thesen, dass es sich bei den analysierten altenglischen Quellen nicht um wort-wörtliche „Übersetzungen“ der jeweiligen lateinischen Vorlagen handelt, sondern um „theologisierende Interpretationen“, dass es eine spezifisch „angelsächsische Theologie“ gegeben hat, die als solche auch erkennbar ist und der Benediktinischen Reform des 10. Jh. in England theologisch den Weg ebnete, und dass hauptsächlich (benediktinische) Theologen für das Zustandekommen der altenglischen Versionen verantwortlich waren, nicht König Alfred von Wessex (871-899) höchstselbst.

In der deutschsprachigen theologischen Forschung fällt ein umfangreiches Textkorpus durch das interpretatorische Raster, weil das Erlernen der altenglischen Sprache (ca. 5.-11. Jh.) im Regelfall nicht zum wissenschaftlichen Rüstzeug von Theologinnen und Theologen gehört. Diese Dissertation über frühmittelalterliche Kirchengeschichte versteht sich insofern als Brückenschlag zwischen Theologie und anglistischer Mediävistik. Sie ermöglicht Forscherinnen und Forschern, die nicht über Kenntnisse der altenglischen Sprache verfügen, Zugang zu den so genannten Alfredischen Texten. Leitgedanke ist dabei, der vornehmlich linguistisch-literaturwissenschaftlich geführten Diskussion um die Verfasserfrage eine theologische Perspektive hinzufügen.
Im Mittelpunkt stehen vier altenglische Versionen spätantiker Werke, die mit ihren jeweiligen lateinischen Vorlagen verglichen werden: Die Regula Pastoralis von Gregor dem Großen (RP) und ihre altenglische Version CP, Orosius’ Historiarum adversum Paganos Libri Septem (OH) und die altenglische Version Or., Boethius’ De Consolatione Philosophiae (Consolatio) und die altenglischen Versionen Bo. B (Prosaversion) und Bo. C (Prosimetron) sowie Augustins Soliloquia (sol.) und die altenglische Version Sol.
Außerhalb der anglistischen Mediävistik werden die altenglischen Versionen – vornehmlich aufgrund der Sprachbarriere – entweder gänzlich übersehen oder zumeist noch für wort-wörtliche Übersetzungen gehalten. Folglich wird ihnen kein eigener theologischer Mehrwert zugestanden. In der anglistischen Mediävistik ist bereits bekannt, dass die altenglischen Versionen eindeutig interpretatorische Züge tragen. Mittlerweile werden auch die Stimmen derjenigen zahlreicher, die Alfreds Verfasserschaft nicht nur in Teilen, sondern gänzlich in Frage stellen.
Die Dissertation bestätigt diesen Befund auch aus theologischer Sicht und postuliert, dass die altenglischen Quellen sogar eine eigenständige „angelsächsische Theologie“ erkennen lassen. Diese verdankt vieles dem benediktinischen Demutsideal (imitatio Christi) und warnt eindringlich vor der Macht des Teufels, dessen Ursünde der Hochmut ist (Augustin: humilitas Christi medicina superbiae nostrae). Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche bei den Angelsachsen wird exemplarisch an der theologischen Bedeutung von Hochmut und Demut veranschaulicht (bezogen auf die Wortfelder von lateinisch superbia und humilitas sowie altenglisch ofermod und eaðmod). Die zahlreichen intertextuellen Verflechtungen zu philosophisch-theologischen Themen sind derart komplex, dass die These von Alfred als rex litteratus aus kirchen- und theologiegeschichtlicher Sicht eindeutig untergraben wird.
Ferner sieht die Verfasserin einen zeitlichen Zusammenhang zwischen den altenglischen Quellen und dem Thronfolgestreit nach dem Tod Karls III. des Dicken. Die Texte lassen zeitgenössische Herrscherkritik sowie ein Ringen um eine Neuausrichtung der Königstugend erkennen und spiegeln die auf die Zukunft des Karolingerreiches bezogene politische Unsicherheit wider.
Schließlich offenbart die Analyse der altenglischen Versionen die starke Abhängigkeit gregorischer von augustinischer Theologie, die nach Ansicht der Verfasserin Auswirkungen auf die angelsächsische Seelenlehre hatte. Insofern wird Leslie Locketts psychologisch-motivierte These vom „Mediävistenvorurteil“ (medievalist bias, 2011) hinterfragt.},

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