Tesch, Nicola: HIV-Therapie mit dem Nukleosidanalogon Abacavir : Hypersensitivitätsreaktionen und HLA-B57-Status. - Bonn, 2008. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5M-15753
@phdthesis{handle:20.500.11811/3799,
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title = {HIV-Therapie mit dem Nukleosidanalogon Abacavir : Hypersensitivitätsreaktionen und HLA-B57-Status},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2008,
note = {Einleitung: Abacavir ist ein nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor der HIV-1-Replikation, der in 4-8% der Fälle eine potenziell lebensbedrohliche Hypersensitivitätsreaktion auslöst. In dieser retrospektiven Studie wurden alle Abacavir-Ersteinstellungen untersucht, die zwischen 1997 und 2006 in der Immunologischen Ambulanz der Bonner Universitätsklinik erfolgten.
Patienten und Methoden: Bei 233 HIV-positiven Patienten wurde ABC (Abacavir) innerhalb dieses Zeitraumes angesetzt. Für die vorliegende Arbeit wurden deren Krankenakten gesichtet und abhängig von Einnahmedauer und Abbruchursache ausgewertet. Ziel war die Identifikation möglicher Risikofaktoren für das Auftreten einer ABC-HSR (Abacavir-Hypersensitivitätsreaktion). Hauptaugenmerk lag dabei auf dem Genotyp HLA-B57 (human leukocyte antigen B57), für den in anderen Studien ein Zusammenhang zur ABC-HSR hergestellt werden konnte. Des Weiteren erfolgte eine Auswertung der mit der HSR einhergehenden klinischen Symptomatik und Laborwertveränderungen.
Ergebnisse: Bei 8,2% der 233 Patienten des Gesamtkollektivs wurde die Therapie bei Verdacht auf eine ABC-HSR abgebrochen, bei 7,3% bestand auch retrospektiv der Verdacht, 5,2% erfüllten die zuvor festgelegten Kriterien. Im Rahmen der Risikofaktorenanalyse der Verdachtsfälle erreicht im Bonner Kollektiv nur HLA-B57 das geforderte Signifikanzniveau von 95%. Ein positiver HLA-B57-Status erhöht hier das Risiko für das Auftreten einer HSR um das 14,1 fache. Weitere Faktoren, die tendenziell das Risiko einer HSR steigern, jedoch nicht das geforderte Signifikanzniveau erfüllen, sind HLA-B37, weibliches Geschlecht sowie kaukasische Abstammung. Bei Betrachtung der wahrscheinlichen Hypersensitivitätsfälle führt das Vorhandensein von HLA-B57 zu einer Risikosteigerung um das 31,7fache, auch HLA-B37 erhöht innerhalb dieser Gruppe signifikant das Risiko (7,4fach). Weibliches Geschlecht und kaukasische Herkunft erreichen bei Ausblenden von Kreuzeffekten wiederum nicht ganz die geforderte Signifikanz, tendenziell ist das Risiko für das Auftreten einer HSR bei Frauen jedoch um das 5-10 fache erhöht.
Bei 203 Patienten des Bonner Gesamtkollektivs wurde der HLA-B-Status erhoben. Die Prävalenz von HLA-B57 liegt mit 9,4% des Gesamtkollektivs (und 10,3% der Bonner kaukasischer Abstammung) noch über der durchschnittlichen HLA-B57-Prävalenz unter Kaukasiern (5-8%). Bei Betrachtung aller Patienten waren 41,2% der Verdachtsfälle und 58,3% der wahrscheinlichen Hypersensitivitätsfälle HLA-B57-positiv. Die Sensitivität eines Screenings hätte 43,8% bzw. 63,6% betragen, die Spezifität hätte 93,6% bzw. 93,8% erreicht. Die Inzidenz der ABC-HSR wäre durch ein HLA-Screening vor Medikamenteneinsatz von 7,9% auf 4,9% bzw. von 5,4% auf 2,2% gesenkt worden. Dabei wäre 5,9% der Patienten die ABC-Therapie fälschlicherweise verwehrt worden.
Die im Bonner Kollektiv im Rahmen einer ABC-HSR aufgetretenen Symptome stimmten weitgehend mit der in vorhergehenden Veröffentlichungen beschriebenen Symptomatik überein. Interessanterweise traten jedoch konstitutionelle Symptome mit 70-80% am häufigsten auf. Exanthem, Fieber und gastrointestinale Symptome folgten mit einem Auftreten in 60-70% der Fälle. Neurologische Symptome waren mit 47% der Verdachts- und 58% der wahrscheinlichen Fälle überraschend häufig vertreten, respiratorische Symptome traten in rund 30% der Fälle auf. Alle Fälle von Lymphknotenschwellungen, Stomatitis, Konjunktivitis, Ödemen sowie Kreislaufreaktionen wie Hypotension und Tachykardie waren in der Gruppe der Patienten zu finden, bei denen eine HSR auch retrospektiv als wahrscheinlich erschien. Veränderungen der Laborwerte zeigten sich in einer Erhöhung der Transaminasen, der Kreatinkinase, der LDH (Laktatdehydrogenase), des Kreatinins, des Laktats sowie der serologischen Entzündungsmarker. Die Thrombozyten fielen etwas ab, während Erythrozyten- und Leukozytenzahlen unerwartet stabil blieben. Lediglich die LDH- und Kreatininerhöhung sind dabei statistisch signifikant.
Schlussfolgerungen: Die Auswertung der Symptomatik der ABC-HSR im Bonner Kollektiv unterstreicht die Schwierigkeiten der klinischen Diagnose: Kein Symptom ist in besonderer Weise kennzeichnend, jedes einzelne der oben aufgeführten Symptome tritt regelmäßig im Rahmen der Grunderkrankung, bei Infektionen und als Nebenwirkung anderer Medikamente auf. Die im Rahmen der Reexpositionsreaktion rasch wieder auftretende Symptomatik untermauert die Annahme einer zellulär vermittelten verzögerten Immunreaktion. Trotz der im Vergleich zu manchen vorhergehenden Veröffentlichungen geringeren Sensitivität des HLA-B57-Screenings im Bonner Kollektiv hätte es das Auftreten von Hypersensitivitätsreaktionen halbiert. In Anbetracht der potenziell lebensbedrohlichen Symptomatik ist der Benefit eines Screenings vor Einsatz von ABC in Populationen mit einem signifikanten Anteil HLA-B57-positiver Patienten nicht zu bestreiten. Dies wird durch die Entwicklung kostengünstiger und weit zu verbreitender Screeningverfahren unterstützt.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/3799}
}

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