Gersthahn, Carolin: Entscheidungsprozesse im Kontext von Pränataldiagnostik - inhaltsanalytische Auswertung von Partnerbefragungen. - Bonn, 2013. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5n-32124
@phdthesis{handle:20.500.11811/5460,
urn: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5n-32124,
author = {{Carolin Gersthahn}},
title = {Entscheidungsprozesse im Kontext von Pränataldiagnostik - inhaltsanalytische Auswertung von Partnerbefragungen},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2013,
month = jul,

note = {Die vorliegende Untersuchung behandelt einen Teilaspekt der Gesamtstudie „Entscheidungsprozesse im Kontext von Pränataldiagnostik“, durchgeführt von der Gynäkologischen Psychosomatik des Zentrums für Geburtshilfe und Frauenheilkunde am Universitätsklinikum Bonn und der Forschungsstelle Ethik der Universität zu Köln, welche vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wurde. Im Rahmen des Projekts wurden schwangere Frauen und ihre Partner über die Entscheidungsfindung für oder gegen das Austragen der Schwangerschaft nach Erhebung eines pathologischen fetalen Befundes befragt. Außerdem fanden Befragungen von Pränataldiagnostiker/innen und psychosozialen Beraterinnen zu diesem Thema statt (Rohde und Woopen, 2011).
In der derzeit zur Verfügung stehenden Literatur findet man kaum Untersuchungen, die sich mit der Perspektive der werdenden Väter im Rahmen von Entscheidungsprozessen in der Pränataldiagnostik beschäftigen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich daher auf die qualitative Auswertung der Partnerbefragungen. Diese erfolgten, wie auch die Befragungen der übrigen Studienkollektive, anhand von halbstrukturierten Interviews. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt in der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2008) und soll das individuelle Erleben der Entscheidungsprozesse, aus der Sichtweise der werdenden Väter exemplarisch an 20 zufällig ausgewählten Interviews veranschaulichen (10 Schwangerschaftsabbruch / 10 ausgetragene Schwangerschaft). Unter den untersuchten Partnern im Alter von 29 bis 53 Jahren fanden sich Akademiker, Selbstständige und Angestellte sowie ein „Gelegenheitsjobber“. Die Dauer der Partnerschaft betrug mindestens zwei, maximal 20 Jahre und für einige von ihnen sollte es das erste Kind werden, während andere schon Eltern waren oder aber bereits den Verlust einer oder mehrerer Schwangerschaft/en erlebt hatten. Ferner unterschieden sich sowohl die Situation des ersten Verdachts (primäre Inanspruchnahme von PND vs. Zufallsbefund bei einer Routineuntersuchung), als auch der Befragungszeitpunkt (Partnerin noch schwanger, Zustand nach Entbindung oder Schwangerschaftsabbruch).
Angesichts des ersten Verdachts, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt, und der endgültigen Diagnosestellung berichteten fast alle Partner von Belastungssymptomen wie Schock, Leere, Enttäuschung, Unsicherheit, Angst und Verdrängung. Auch empfanden viele von ihnen durch das Erleben der eigenen Hilflosigkeit Versagensgefühle. Bei nicht wenigen zogen sich Emotionen von Trauer, Schmerz und Niedergeschlagenheit durch jede Phase von Diagnosestellung und Entscheidungsfindung. Viele der werdenden Väter identifizierten sich stark mit der Entscheidungssituation und legten Wert darauf, in den gesamten Prozess mit einbezogen zu werden. Einen wichtigen Aspekt für die Entscheidungsfindung stellte für die befragten Männer die Art der kindlichen Erkrankung bzw. Behinderung in erster Linie mit Hinblick auf die Prognose der zu erwartenden Lebensqualität sowohl für das Kind, als auch für die Familie dar, insbesondere für die Betroffenen mit der Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch. Für Männer, deren Partnerinnen die Schwangerschaft austrugen, hatten hingegen ethische Werte und Moralvorstellungen einen hohen Stellenwert bei der Entscheidungsfindung.
Verglichen mit den betroffenen Frauen im Rahmen der Gesamtstudie waren die Reaktionsweisen der befragten Männer im gesamten Prozess etwas rationaler und weniger emotional. Von einigen Partnern wurde von Versuchen berichtet, eine gewisse Rationalität beizubehalten und der Partnerin eine Stütze zu sein. Auch neigten sie in deutlich ausgeprägterem Maße zu aktiven Bewältigungsstrategien sowohl im Rahmen von (Verdachts-)Diagnose und Entscheidungsfindung als auch in der Zeit danach (z. B. Durchführung weiterer Untersuchungen, eigene Informationssuche, Alltag organisieren/funktionieren). Während für die Männer ethischmoralische Gründe die wichtigste Rolle bei der Entscheidungsfindung spielten, waren für die befragten Frauen emotionale Gründe ebenso wichtig (Rohde und Woopen, 2011). Insgesamt zeigte sich bei den an der Befragung teilnehmenden Männern ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl für die Partnerin. Für die meisten von ihnen stand im gesamten Prozess das Wohlergehen der Partnerin an oberster Stelle, obgleich sie selbst oftmals stark belastet waren. Auch sahen viele die endgültige Entscheidungsgewalt über das weitere Vorgehen bei der werdenden Mutter.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich bei den Entscheidungsprozessen rund um Pränataldiagnostik für werdende Väter genauso wie für Schwangere, um sehr komplexe und individuelle Prozesse handelt. Es konnte herausgestellt werden, dass die Diagnosestellung einer fetalen Pathologie und die sich daraus entwickelnde Entscheidungssituation zwischen Abbruch und Fortsetzung der Schwangerschaft auch für die meisten werdenden Väter eine psychische Ausnahmesituation darstellt sowie eine Konfliktsituationen, deren Konsequenzen entscheidend das zukünftige Leben der betroffenen Paare bestimmen.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/5460}
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