Große Streine, Lena; Klink-Lehmann, Jeanette; Weingarten, Nina; Simons, Johannes; Hartmann, Monika: Konkurrierende Schutzgüter in der Tierhaltung : Analyse aus Sicht der Konsument*innen. Bonn: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Landwirtschaftliche Fakultät, Lehr- und Forschungsschwerpunkt Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft USL, 2021. In: Forschungsbericht / Lehr- und Forschungsschwerpunkt "Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft" an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, 194.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://hdl.handle.net/20.500.11811/9180
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author = {{Lena Große Streine} and {Jeanette Klink-Lehmann} and {Nina Weingarten} and {Johannes Simons} and {Monika Hartmann}},
title = {Konkurrierende Schutzgüter in der Tierhaltung : Analyse aus Sicht der Konsument*innen},
publisher = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Landwirtschaftliche Fakultät, Lehr- und Forschungsschwerpunkt Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft USL},
year = 2021,
month = apr,

series = {Forschungsbericht / Lehr- und Forschungsschwerpunkt "Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft" an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität},
volume = 194,
note = {Zur Festlegung der gesetzlichen Rahmenbedingungen der Nutztierhaltung sowie für die Förderung im Bereich der Tierhaltung werden Kenntnisse zu den Präferenzen von Bürger*innen in Hinblick auf den Umgang mit Zielkonflikten zwischen konkurrierenden Schutzgütern (z.B. Tierwohl, Umweltschutz oder auch der Schutz der menschlichen und tierischen Gesundheit) benötigt. Vor diesem Hintergrund bestehen die Ziele dieser Studie darin, die Relevanz verschiedener Schutzgüter aus Sicht der Konsument*innen und Bürger*innen zu identifizieren, Einblicke in den Umgang mit Zielkonflikten in konkreten Entscheidungssituationen zu gewinnen sowie hierbei den Einfluss unterschiedlicher Informationen zu ermitteln. Hierbei konzentrieren sich die Untersuchungen auf die Schweinemast.
Aus Literaturrecherche und Befragungen von Expert*innen geht hervor, dass es in der derzeitigen Schweineproduktion Zielkonflikte in unterschiedlichen Bereichen gibt – z.B. zwischen Tierwohl, Umweltschutz und menschlicher als auch tierischer Gesundheit. Allerdings besteht ein Wissensdefizit in Hinblick auf das Ausmaß sowie Möglichkeiten zur Entschärfung dieser Zielkonflikte. Generalisierende Aussagen sind aufgrund der Unterschiede in den Haltungssystemen und der Komplexität des Systems Schweinehaltung kaum möglich.
Der Umgang der Bürger*innen mit Zielkonflikten wurde in einer experimentellen online Studie untersucht. Proband*innen wurden gebeten, Entscheidungen zwischen Produkten zu treffen, die konfligierende Schutzgüter repräsentieren. Die Produkte waren entweder ohne Label, mit dem Label „Offenstall“ oder mit dem Label „ohne Antibiotika“ gekennzeichnet. Die Auswahlentscheidungen zeigen, dass die Proband*innen unterschiedliche Priorisierun-gen vornehmen, wobei sich bezüglich der Größe des Anteils folgende Reihenfolge ergibt: (1) öffentliche Gesundheit (ohne Antibiotika), (2) Tierwohl (Offenstall) und (3) Umwelt (konventionelles Produkt).
Zusätzlichen Informationen zu den Labels führten im Experiment zu einer Änderung des Auswahlverhältnis zwischen dem Produkt mit dem Label „ohne Antibiotika“ zugunsten des mit „Offenstall“ gelabelten Produkts: Offensichtlich können Informationen die Präferenzen und damit die Abwägung zwischen den beiden Schutzgütern Tierwohl und menschliche Gesundheit deutlich beeinflussen. Aus der Verschiebung der Präferenzen lässt sich schließen, dass die positiven Informationen, die über den Offenstall gegeben wurden, weniger bekannt sind als die Informationen über das Label „ohne Antibiotika“ und deshalb die Abwägung zwischen den Schutzgütern stärker beeinflussen. Dieses Ergebnis unterstützt die Annahme, dass vor dem Hintergrund des geringen Wissens über die Tierhaltung die Wahrnehmung der Bürger*innen bzw. Konsument*innen durch Informationen gelenkt werden kann.
Informationen über Konflikte zwischen den Schutzgütern haben demgegenüber kaum einen Einfluss auf die Auswahlentscheidung im Vergleich zu einer Situation, in der die Labels ohne Erklärung präsentiert werden. Es scheint, dass die Teilnehmer*innen Schwierigkeiten haben, sich mit dem Konflikt zwischen den Schutzgütern auseinanderzu-setzen und dies in die Entscheidung mit einzubeziehen. Erkenntnisse anderer von der Abteilung durchgeführter Projekte zur Akzeptanz der Tierhaltung stützen die Annahme, dass solche Informationen eher verwirren und damit von vielen Proband*innen ignoriert werden. Dementsprechend ist der Einfluss gering.
Die Entscheidungen der Proband*innen werden durch ihre Einstellungen beeinflusst. Proband*innen mit einem höheren „Tierwohlbewusstsein“ wählen mit einer größeren Wahrscheinlichkeit das Produkt mit dem Label „Offenstall“. Die Wahrscheinlichkeit sich gegen ein konventionelles Produkt und für ein gelabeltes Produkt zu entscheiden wird auch durch ein hohes Umweltbewusstsein verstärkt. Wie erwartet gilt dies nicht im Fall des Label „Offenstall“, wenn die Proband*innen auf die, mit dieser Haltungsform potenziell einhergehenden, negativen Umwelteffekte aufmerksam gemacht werden. Dies zeigt, dass Konsument*innen die Konflikte in Hinblick auf die Schutzgüter nicht bewusst sind.
Der überwiegende Teil der Proband*innen hat eine positive Zahlungsbereitschaft für eines der gelabelten Produkte, wobei der Anteil der zahlungsbereiten Proband*innen mit steigenden Preisaufschlägen geringer wird. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Proband*innen in Hinblick auf die Wertschätzung der Schutzgüter gibt.
Wie oben aufgeführt zeigen die Untersuchung, dass Informationen einen Einfluss auf die Auswahlentscheidungen und damit auch auf die Wahrnehmung haben. Bei geringem Wissen können Bürger*innen bzw. Verbraucher*innen den Wert einer Information kaum beurteilen, sondern nur auf die Richtigkeit vertrauen. Da im Bereich der Tierhaltung vor allem die Nicht-Regierungs-Organisationen ein hohes Vertrauen genießen, erscheinen die Diskussionen und die Konsensfindung mit diesen Organisationen von besonderer Bedeutung.
Die durchgeführte Untersuchung sowie andere Studien zur Akzeptanz der Tierhaltung geben deutliche Hinweise darauf, dass viele Bürger*innen mit der Abwägung von unterschiedlichen Zielen überfordert sind und deshalb fordern, dass bei der Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Tierhaltung alle Schutzgüter berücksichtigt werden. Hier ergibt sich aus Sicht der Bürger*innen ein Auftrag an die Forschung und Entwicklung Diese sollten sich auf Verfahren konzentrieren, die die Konflikte zwischen den unter-schiedlichen Schutzgütern zu verringern oder abzubauen helfen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Empfehlungen der Borchert Kommission und den sich daraus möglicher-weise ergebenden finanziellen Spielräumen sollte deshalb verstärkt die Entwicklung entsprechender Verfahren verfolgt werden.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/9180}
}

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