Gruber, Miriam: Aneignung und Beheimatung von Grundschulkindern in Bonner Stadtquartieren. - Bonn, 2023. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5-70127
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note = {„Heimat“ verbinden viele Erwachsene mit dem Ort, an dem sie als Kind gelebt haben und aufgewachsen sind (IFD ALLENSBACH 2018, S. 12), und die Kindheit gilt als die Phase im Leben, in der räumliche und soziale Stabilität elementar sind, um sich später in einer globalisierten Welt zurecht finden zu können (NEES 2013, S. 306). Darüber, was Kinder als „Heimat“ wahrnehmen und in welcher Weise für sie Orte und Institutionen wie Zuhause, Schulen und Quartiere bei der Ausbildung eines Heimatgefühls zusammenwirken, ist hingegen nur wenig bekannt. Als Operationalisierung von „Heimat“ kann „Aneignung“ dienen. Dem Begriff liegt in der Sozialpädagogik die Annahme zugrunde, „dass Kinder und Jugendliche sich handelnd die Welt erschließen“ (DEINET 2013, S. 173), also durch aktive Auseinandersetzung mit ihrer Umgebung ihre Lebenswelt entdecken. Dies geschieht meist besonders intensiv im unmittelbaren Nahraum, dem sogenannten (Stadt-) Quartier. Als Quartier definiert STIMPEL (2020, S. 77) Orte, „wo man im Alltag zu Fuß hinkommt“ und die ein „besonders vertrautes Stück Stadt“ darstellen. Dieses Vertrauen entstehe „durch wiederholte, immer wieder aufgefrischte Wahrnehmung, durch Kenntnis von vielerlei urbanen Details und nicht zuletzt durch zumindest flüchtiges Kennen anderer Menschen im Quartier“ (ibid.).
Angesichts zunehmender Modernisierung und gesellschaftlicher Veränderungen werden solche traditionellen Bedingungen des Aufwachsens und der Beheimatung im Quartier allerdings infrage gestellt: Während Familien nach wie vor die erste und wichtigste Sozialisationsinstanz darstellen, haben Schulen nicht zuletzt durch den Ausbau zu Ganztagseinrichtungen deutlich an Bedeutung gewonnen (vgl. BURGDORFF 2015, S. 117f.). Ebenso stellen Medien und Konsum inzwischen wichtige Sozialisationsfaktoren dar, während der Aufenthalt und das Spielen auf Straßen und damit die sogenannte Straßensozialisation an Bedeutung verloren hat (PAUS-HASEBRINK & KULTERER 2014, S. 47; ROLFF & ZIMMERMANN 2001, S. 85). Schließlich wachsen Kinder zunehmend verhäuslicht, verinselt und institutionalisiert auf, verbringen also immer mehr Zeit in Innenräumen, lernen durch elterlichen Transport zwar einzelne Orte, aber nicht die Zwischenräume kennen und halten sich mehr als früher bei institutionellen Freizeitangeboten auf (vgl. HEINRICH & MILLION 2020, S. 6). Daher ist anzunehmen, dass Aneignung und Beheimatung im Quartier nicht mehr so selbstverständlich stattfinden, wie noch in der Nachkriegszeit. Die vorliegende Arbeit untersucht auf empirischer Basis, wie sich Aneignungs- und Beheimatungsprozesse von Grundschulkindern in Bonner Stadtquartieren Anfang der 2020er-Jahre gestalten. Dazu wird ein multi-methodischer Ansatz gewählt, bei dem Textdokumente, subjektive Karten, Expert:inneninterviews und Fragebögen analysiert werden.
Dabei zeigt sich, dass heutzutage Grundschulen in ihren Quartieren eine unterschiedliche Rolle spielen. In Quartieren mit gehobener Sozialstruktur, in denen Familien über gute finanzielle und organisatorische Ressourcen verfügen, stellen Schulen häufig nur einen Akteur unter vielen weiteren im Leben der Kinder dar, während Grundschulen in sozial schwachen Quartieren einen hohen Stellenwert einnehmen. Auch bezüglich der Aneignungsprozesse zeigt sich, dass sozial schwächer gestellte Kinder besonders auf die Ressourcen-ausstattung der Quartiere angewiesen sind, während sozial besser gestellte Familien mangelnde Aneignungsmöglichkeiten in den eigenen Quartieren leichter kompensieren können, indem sie entweder private Räume attraktiv gestalten oder auf institutionelle Räume ggf. sogar anderer Quartiere ausweichen. Im Hinblick auf Beheimatungsprozesse ist festzustellen, dass Kinder sich über unterschiedliche Faktoren beheimaten, idealtypisch über kreativ anzueignende naturnahe Räume, über Menschen, über Aktivitäten oder über ihr jeweiliges Zuhause. Je nachdem, welchen Typus ein Kind verkörpert, ist es in unterschiedlicher Weise auf verschiedene Arten von Quartiersressourcen angewiesen. Vor diesem Hintergrund sollten zukünftig sowohl sozial benachteiligte Quartiere noch stärker in den Blick genommen und die Aneignungs- und Beheimatungsmöglichkeiten dort verbessert werden, als auch (Grund-) Schulen als relevante Akteure insbesondere in diesen Quartieren gestärkt werden.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/10726}
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