Kästner, Uta: Hemmung der menschlichen Pyridoxal-Kinase durch Ginkgotoxin (4'-O-Methylpyridoxin) aus Ginkgo biloba L. : Eine mögliche Erklärung für die konvulsive Wirkung von Ginkgotoxin. - Bonn, 2005. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5N-06400
@phdthesis{handle:20.500.11811/2326,
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author = {{Uta Kästner}},
title = {Hemmung der menschlichen Pyridoxal-Kinase durch Ginkgotoxin (4'-O-Methylpyridoxin) aus Ginkgo biloba L. : Eine mögliche Erklärung für die konvulsive Wirkung von Ginkgotoxin},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2005,
note = {Todesfälle und tonisch-klonische Krampfanfälle nach dem Verzehr von Ginkgosamen, die epileptischen Krampfanfällen ähneln (Wada et al., 1985; Yanai et al., 1990; Yagi et al., 1993; Miwa et al., 2001; Fujisawa et al., 2002; Kajiyama et al., 2002; Hori et al., 2004), sowie Berichte über epileptische Krämpfe nach der Einnahme von Ginkgo biloba L.-Extrakten (Granger, 2001) waren in der Vergangenheit Anlass, die toxische Wirkung von Inhaltsstoffen aus Ginkgo biloba L. zu untersuchen. Als toxisches Wirkprinzip in Ginkgosamen wurde Ginkgotoxin identifiziert. Beeinflussungen des komplexen GABAergen Systems und bestimmter von Pyridoxal-5'-phosphat abhängiger Reaktionen durch Ginkgotoxin wurden vielfach untersucht und diskutiert.
Erstmalig im Rahmen dieser Arbeit wurden Untersuchungen zum direkten Einfluss von Ginkgotoxin auf die Bildung von Pyridoxal-5'-phosphat durch die gereinigte menschliche Pyridoxal-Kinase durchgeführt.
Hierzu musste die Pyridoxal-Kinase zunächst gewonnen und charakterisiert werden. Sie wurde heterolog in Escherichia coli exprimiert, einerseits als Maltose-bindendes Fusionsprotein und andererseits als natives Protein. Die Aufreinigung der nativen Pyridoxal-Kinase erfolgte nach Optimierung der Methode von Cash et al. (1980) in zwei Schritten mittels Affinitätschromatographie und Gelfiltration. Dadurch gelang es, die Pyridoxal-Kinase als reines Protein zu erhalten. Durch die separaten Untersuchungen der Kinase als natives Protein und als Fusionsprotein konnte gezeigt werden, dass der Maltose-bindende Anteil des Fusionsproteins die Aktivität der so gewonnenen Pyridoxal-Kinase erheblich mindert. Der Km-Wert des Fusionsproteins für Pyridoxal beträgt 3,92 x 10-3 M, während der der nativen Pyridoxal-Kinase 5,87 x 10-5 M beträgt. Das Fusionsprotein (kcat = 2,71 x 10-3 s-1) setzt Pyridoxal also erheblich weniger effizient um als die native Pyridoxal-Kinase (kcat = 0,995 s-1).
Somit ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf in vivo Verhältnisse nur mit dem nativen Protein als hinreichend genau anzusehen. Daher wurden die Charakterisierung der Pyridoxal-Kinase und die Hemmstudien mit der nativen Pyridoxal-Kinase unter den optimierten Bedingungen durchgeführt. Für die Umsetzung von Pyridoxal durch die native Pyridoxal-Kinase liegt das pH-Optimum in einem Bereich von 5,8-6,3 und das Temperaturmaximum bei 45 °C. Die Bestimmung der Enzymaktivität erfolgte sowohl photometrisch, als auch mittels HPLC.
Die Km-Werte der menschlichen Pyridoxal-Kinase wurden für Pyridoxal, Pyridoxamin, Pyridoxin, Desoxypyridoxin, Ginkgotoxin und ATP ermittelt. Die Hemmstudien dieser Arbeit zeigen, dass Ginkgotoxin und Desoxypyridoxin in vitro die Bildung von Pyridoxal-5'-phosphat durch die Pyridoxal-Kinase hemmen. Diese beiden Vitamin B6 Strukturanaloga werden durch die Pyridoxal-Kinase umgesetzt.
Der Km-Wert der Pyridoxal-Kinase für Ginkgotoxin ist mit 4,95 µM signifikant kleiner als für Pyridoxal (58,7 µM). Ginkgotoxin ist aufgrund seiner Methoxygruppe in 4'-Position lipophiler als Pyridoxal. Daher kann es die Blut-Hirn-Schranke vermutlich deutlich schneller und besser überwinden. Die Darstellung der Substratbindetasche im Computermodell ergab, dass diese in dem Bereich, in dem die 4'-Substituenten der Vitamere binden, lipophil ist. Folglich hat Ginkgotoxin eine höhere Affinität zur Pyridoxal-Kinase und verdrängt das Pyridoxal aus der Substratbindetasche. Es inhibiert so vorübergehend die Bildung von Pyridoxal-5'-phosphat. Erst nach vollständiger Umsetzung von Ginkgotoxin zu Ginkgotoxin-5'-phosphat findet in vitro die Umsetzung von Pyridoxal zu Pyridoxal-5'-phosphat wieder ungestört statt.
Wegen seiner Rolle als aktiver Cofaktor in der GABA-Synthese bedeutet eine verminderte Bildung von Pyridoxal-5'-phosphat in vivo eine Verringerung der GABA-Konzentration. Sollte Ginkgotoxin die Umsetzung von Pyridoxal zu Pyridoxal-5'-phosphat in vivo qualitativ und quantitativ ebenso inhibieren, wie in vitro nachgewiesen, würde das die nach Einnahme von Ginkgosamen beobachteten konvulsiven Vergiftungssymptome unmittelbar erklären.
Tatsächlich liegt der ermittelte Km-Wert für Ginkgotoxin (4,95 µM) in der gleichen Größenordnung wie die gemessenen Plasmaspiegel bei Personen mit "Gin-nan-Sitotoxismus" nach übermäßigem Verzehr von Ginkgosamen (1,31-6,99 µM; Hori et al., 2004). Im Plasma der Patienten wurden also Ginkgotoxin-Konzentrationen gemessen, bei denen in vitro die Pyridoxal-5'-phosphat-Bildung durch Ginkgotoxin gehemmt wird.
Die vorgelegten Untersuchungsergebnisse liefern eine Erklärung für die nach übermäßigem Verzehr von Ginkgosamen beobachteten epileptiformen Krämpfe und können Ansatzpunkte für die Erforschung neuer Antiepileptika geben.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/2326}
}

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