Müller, Henrik: Funktionelle Untersuchungen des ABC-Transporters P-Glykoprotein. - Bonn, 2007. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5N-12814
@phdthesis{handle:20.500.11811/3194,
urn: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5N-12814,
author = {{Henrik Müller}},
title = {Funktionelle Untersuchungen des ABC-Transporters P-Glykoprotein},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2007,
note = {Genaue Erkenntnisse über die Zahl und die Spezifität der Bindungsstellen von P-Glykoprotein liegen bis zum heutigen Tag nicht vor. Für die Entwicklung von potenten Modulatoren, die eine möglichst selektive Inhibition der P-gp Funktion ermöglichen, ist es von Vorteil eine genauere Vorstellung über die Interaktion der Modulatoren mit den potentiellen Bindungsstellen zu erlangen.
In dieser Arbeit wurden verschiedene Ansätze und Strategien gewählt, um die biologische Aktivität von bekannten und neuen Modulatoren zu bestimmen. Dazu wurde der aus der Literatur bekannte Calcein AM Assay modifiziert und zahlreiche Verbindungen mit diesem untersucht. Zu diesen Substanzen gehörten Phenothiazin-Derivate, die von einem Kooperationspartner aus Halle Dr. Matthias Schmidt, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Pharmazie)zur Verfügung gestellt wurden.
3D-QSAR-Verfahren (CoMFA und CoMSIA) dienten dazu, den Zusammenhang zwischen Struktur und Wirkung zu bestimmen. Verschiedene Modelle wurden generiert und validiert. Auf Basis dieser Modelle konnten die Aktivitätswerte der Verbindungen gut vorhergesagt werden. Gemeinsamkeit aller Modelle waren hydrophobe Eigenschaften, die für die Interaktion mit P-gp, wie in der Literatur beschrieben, in der Regel notwendig sind. Neben hydrophoben Charakteristika trugen Wasserstoffbrückenakzeptoreigenschaften zu einer Erhöhung der Hemmwirkung der Phenothiazin-Derivate bei.
In dieser Arbeit wurde ein weiterer Assay entwickelt, der die funktionelle Charakterisierung von Liganden der sogenannten H-Seite ermöglicht. Das als Hoechst Assay bezeichnete Testsystem wurde für die Untersuchung zahlreicher Substanzen eingesetzt. Für 26 Modulatoren der dritten Generation, die im Arbeitskreis synthetisiert worden waren, wurden 3D-Struktur-Wirkungsbeziehungen abgeleitet. Dabei konnten CoMFA- und CoMSIA-Modelle erstellt werden, die eine gute Vorhersage der biologischen Aktivitätswerte ermöglichten. Die LMO-Methode und der Scrambling-Verwürfelungstest wurden zur Validierung der besten Modelle verwendet; die Resultate unterstrichen die Stabilität und Validität dieser Modelle. Die Ergebnisse tragen insgesamt zu einem besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen der Struktur und der biologischen Wirksamkeit dieser Verbindungen bei. Erstmals konnte an ABCB1 überexprimierenden Zellen für gewisse Substanzen wie Hoechst 33342, Hoechst 33258 oder Quercetin eine Verstärkung des Calcein AM Effluxes und damit eine positive Kooperativität belegt werden. Im Gegensatz zu den Ergebnissen, die an Membranvesikeln gewonnen wurden, konnte eine Aktivierung des Ausstroms von Hoechst 33342 durch Calcein AM oder Rhodamin 123 nicht gefunden werden. Demnach besteht in ABCB1 überexprimierenden Zellen eine einseitig ausgeprägte positive Kooperativität der Bindungsstellen. Darüberhinaus wurde festgestellt, dass in Gegenwart des Modulators XR9456 die durch Hoechst 33258 hervorgerufene Aktivierung stärker abnimmt als in Gegenwart von Verapamil. Dies zeigt, dass XR9456 die Interaktion von Hoechst 33258 mit dessen Bindungsstelle behindert.
Neben der Untersuchung der beiden Bindungsstellen mit Transportfunktion konnten Progesteron und einige Progesteron-Derivate als partielle Allostere identifiziert werden. Dabei wurde der allostere Effekt dieser Substanzen in Kombinationsexperimenten im Calcein AM Assay mit unterschiedlichen Methoden quantifiziert. Für Progesteron wurde aber auch eine Interaktion mit der Orthoster-Bindungsstelle nachgewiesen. Der allostere Effekt von Progesteron wurde durch die Verbindung XR9577 unterdrückt, die selbst keine allosteren Eigenschaften besitzt. Der in Gegenwart von XR9577 ausbleibende allostere Effekt von Progesteron ist im Sinne einer sterischen Behinderung, die eine Interaktion mit der allosterischen Seite verhindert, interpretierbar. Aus weiteren Kombinationsexperimenten im Calcein AM Assay ging hervor, dass die Verbindung cis-Flupentixol ebenfalls allostere Eigenschaften besitzt. In Übereinstimmung mit Progesteron wurde ebenfalls eine Wechselwirkung mit der Orthoster-Bindungsstelle festgestellt. Auch der allostere Effekt dieser Substanz blieb in Gegenwart von XR9577 aus. Während die Kombination aus einem Phenothiazin (H 15) und Progesteron eine deutliche Zunahme der Hemmwirkung ergab, konnte für die Kombination mit cis-Flupentixol kein überadditiver Effekt festgestellt werden. Damit liegt die Vermutung nahe, dass cis-Flupentixol mit einer von Progesteron verschiedenen Bindungsstelle interagiert. Insgesamt wurden auf funktioneller Ebene vier Bindungsstellen nachgewiesen: die R- und die H-Seite mit Transportfunktion sowie zwei allostere Seiten, die als Progesteron- und cis-Flupentixol-Bindungsstellen bezeichnet werden können. Bei einem Vergleich der Ergebnisse des Calcein AM und des Hoechst Assays konnte gezeigt werden, dass die Aktivitätswerte für 38 Verbindungen mit Ausnahme der drei Substanzen WK-X-51, WK-Y-27 und WK-X-37 in hohem Maße korrelieren. WK-X-51, WK-Y-27 und WK-X-37 kann aufgrund ihrer höheren inhibitorischen Potenz im Hoechst Assay eine gewisse Präferenz zur H-Seite zugesprochen werden. Auch unter Einbeziehung der Aktivitätsdaten, die mit anderen Assays in dieser Arbeit generiert wurden (BCECF AM Assay, FACS Vinblastin-Bodipy®Assay), wurde eine hohe Korrelation der pIC50-Werte gefunden. Durch die Anwendung enzymkinetischer Modelle konnten diese Resultate theoretisch begründet werden.
Die Identifizierung der Interaktionsform konnte durch die Bestimmung der Hemmwirkung bei unterschiedlichen Substratkonzentrationen erreicht werden. Unter Anwendung der Lineariserungsverfahren nach Lineweaver-Burk und Hanes-Woolf wurde für Verapamil und Calcein AM eine kompetitive Interaktion nachgewiesen. Zwischen XR9456 und Calcein AM lag hingegen ein nicht-kompetitiver Interaktionstyp vor. Für XR9456 und Hoechst 33342 konnte ebenfalls eine nicht-kompetitive Wechselwirkung gezeigt werden. Diese Ergebnisse unterstreichen die Besonderheit der Verbindung XR9456 und ihrer Derivate als Substanzen mit multispezifischen Eigenschaften. Die hohe biologische Aktivität dieser Substanzen kann durch die Interaktion mit mehreren verschiedenen Bindungsstellen erklärt werden.
Die in dieser Arbeit entwickelte grundsätzliche Vorgehensweise zur funktionellen Untersuchung von P-gp lässt sich auch auf andere ABC-Transporter übertragen. Sie stellt daher nicht nur einen sinnvollen Beitrag für die funktionelle Analyse von P-gp dar, sondern kann in Zukunft für die Charakterisierung von BCRP oder den MRPs eingesetzt werden.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/3194}
}

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