Herzog, Hendrik: Entwicklung bionischer Strömungsmessverfahren basierend auf Untersuchungen des Seitenliniensystems der Fische. - Bonn, 2016. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5n-43996
@phdthesis{handle:20.500.11811/6782,
urn: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5n-43996,
author = {{Hendrik Herzog}},
title = {Entwicklung bionischer Strömungsmessverfahren basierend auf Untersuchungen des Seitenliniensystems der Fische},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2016,
month = jun,

note = {Fische und aquatische Amphibien können mit Hilfe des mechanosensitiven Seitenliniensystems selbst kleinste Wasserbewegungen detektieren. Aus diesen Seitenlinieninformationen können Fische die Geschwindigkeit und Richtung großräumiger Wasserströmungen bestimmen. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, ob die Wahrnehmung von Strömungsreizen durch den Wasserstrom der künstlichen Beatmung in den elektrophysiologischen Versuchen, natürliche Atmungsartefakte und die Schwimmbewegungen der Fische beeinträchtigt wird.
Die künstliche Beatmung verursacht komplexe Strömungsfelder und moduliert die neuronale Aktivität primärer und zentraler Seitenlinienneurone, wobei diese Auswirkungen auf Nervenzellen besonders stark ausgeprägt waren, wenn diese ebenfalls eine hohe Sensitivität für großräumige Strömungsreize (bulk flow) zeigten. Die künstliche Beatmung verursachte somit eine Reduktion der Strömungsantwort der Seitenlinienneurone und kann insbesondere bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten die Richtungsselektivität der Seitenliniennervenzellen entlang der rostro-caudalen Achse des Fisches maskieren. Bei abgeschalteter künstlicher Beatmung wurden bei einigen primären Afferenzen und Seitenlinienneuronen des medialen octavolateralen Nucleus entgegen den Ergebnissen früherer Arbeiten richtungsspezifische neuronale Antworten gefunden. Eine verstärkte Richtungspräferenz wurde bei der anterioren Seitenlinie festgestellt, welche vermutlich durch die Asymmetrie von Kopf und Rumpf der Fische verursacht wird.
Morphologische Untersuchungen und fluidische Simulationen legen eine Durchströmung anteriorer Kanalabschnitte in Strömung nahe, welche zusätzlich eine Ermittlung des Anströmwinkels frontaler Strömung mit einer Auflösung weniger Winkelgrade ermöglicht. Im Vergleich zu zentralen Neuronen des limnophilen Goldfisches konnte bei Seitenlinienneuronen des medialen octavolateralen Nucleus der Orfe als rheophile Fischart eine Erhöhung des Dynamikbereichs wahrgenommener Strömungen identifiziert werden, die möglicherweise eine neuronale Anpassung an das Strömungshabitat dieser Fischart darstellen könnte.
In Strömung schwimmende Fische bewegen sich ständig. Selbst wenn die Fische sich an einer relativ festen Position aufhalten, sind kleinräumige rostrocaudale Bewegungen (Mikrobewegungen) zu beobachten. Die elektrophysiologischen Untersuchungen an zentralen Seitenlinienneuronen des Hirnstamms bei der Stimulation mit künstlichen Mikrobewegungen deuten auf eine deutliche Überlagerung der wahrgenommenen Wasserströmungen mit diesen Bewegungsartefakten bei in Strömung schwimmenden Fischen hin, welche sowohl die Wahrnehmung der Gleichstromkomponente der Wasserströmung als auch die Detektion der enthaltenen Fluktuationsmuster verschlechtern können. Schwimmverhalten ist energieaufwändig und führt zu einem erhöhten Sauerstoffbedarf, welcher durch eine effiziente Atmung gedeckt werden muss. Hierbei moduliert natürliches Atmen jedoch wie die künstliche Beatmung die neuronale Aktivität von Rumpfseitenliniennervenfasern. Fische können diese mögliche Beeinträchtigung der Seitenlinienfunktion durch die Wasserbewegung natürlicher Atmung vermeiden, indem sie die Wasserströmung am Rumpf vorbeileiten, die Neuromasten in stark von der Atemwasserströmung beeinflussten Bereichen reduzieren oder ein unregelmäßiges Atemverhalten mit Phasen ohne Atmung und damit ohne selbsterzeugte hydrodynamische Signale zeigen.
Frühere Studien legten nahe, dass Fische die Strömungsgeschwindigkeit und Strömungsrichtung anhand der räumlich-zeitlichen Ausbreitung von mit der Strömung transportierten Fluktuationen bestimmen. Dieser Mechanismus wurde als Vorbild für ein bionisches Messgerät genutzt, das auf künstlichen Kanalneuromasten basiert.
Die Genauigkeit des korrelationsbasierten Strömungsmessverfahrens wird von verschiedenen Parametern der Messanordnung und des strömenden Fluides wie beispielsweise der Periodizität der erzeugten Strömungsfluktuationen beeinflusst. Das bionische Messverfahren profitiert hierbei von aperiodischen Messsignalen, die hohe Frequenzen enthalten. Differenzdrucksensoren sind aufgrund der Unterdrückung von Gleichtaktstörungen wie Vibrationen und Schall gegenüber einfachen Drucksensoren besser zur Abbildung der Druckfluktuationen geeignet, anhand deren die Strömungsgeschwindigkeit ermittelt werden kann. Der Sensorabstand der Messanordnung sollte möglichst gering sein, um eine hohe Ähnlichkeit der Signalverläufe zu erreichen. Eine mechanische Kopplung der Sensoren, beispielsweise über einen gemeinsamen Hauptkanal der Sensoranordnung, sollte hierbei jedoch vermieden werden. Die direkte Durchströmung des Sensorkanals, ermöglicht weiterhin die Detektion sehr geringer Durchflussraten beispielsweise in mikrofluidischen Anwendungen.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/6782}
}

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