Rösch, Yvonne Jasmine: Lukians Hetären : Überlegungen zum Männlichkeitsdiskurs in der Zweiten Sophistik. - Bonn, 2019. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5-55245
@phdthesis{handle:20.500.11811/8151,
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author = {{Yvonne Jasmine Rösch}},
title = {Lukians Hetären : Überlegungen zum Männlichkeitsdiskurs in der Zweiten Sophistik},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2019,
month = jul,

note = {Lukian aus Samosata (ca. 125–165 n. Chr.) ist weit über die Fachgrenzen hinaus für seine spöttischen Seitenhiebe auf die männliche Bildungselite der Kaiserzeit bekannt. Weniger Beachtung hingegen fand bislang der Frauentypus Hetäre (ἑταίρα), der sowohl in Lukians (pseudo-)autobiographischen Dialogen (etwa Bis accusatus und Imagines-Dialoge) als auch insbesondere in seinen Hetärendialogen prominent ist. Die vorliegende Arbeit untersucht, wie die literarische Darstellung dieses Frauentypus in Lukians Hetärentexten mit der männlich geprägten und auf Performativität ausgerichteten Kultur der Zweiten Sophistik in Verbindung steht. Sie gründet auf der Annahme, dass dem kaiserzeitlichen Bildungsdiskurs (παιδεία) ein Männlichkeitsideal anhaftet, das sowohl von einem intellektuellen als auch von einem physischen Code bestimmt ist. Da sowohl gender als auch παιδεία hochgradig dynamische Prozesse sind, die von sozialen Erwartungen geleitet werden, sind Sexualität und Bildung in der heterosexuellen Matrix des 2. Jh. n. Chr. von dem Streben nach diskursiver Kontrolle über das (unterlegene) Andere geprägt. Die Zweite Sophistik kann aufgrund ihrer inhärenten Begehrensstruktur als eine Kultur des Sehnens beschrieben werden, die auf der Sehnsucht des πεπαιδευμένος (Gebildeten) nach einem idealisierten Begehrensobjekt gründet. Genau in diese soziale Dynamik fügt sich der Frauentypus Hetäre ein. In der griechischen Literatur der Kaiserzeit ist die Hetäre nämlich ein idealisiertes Wissens- und Begehrensobjekt zugleich, das maßgeblich aus dem klassizistischen Hetärenarchiv generiert wird – ein vom objektivierenden male gaze konstruierter Wissensspeicher, der von der Archaik bis zum Hellenismus angewachsen ist und aus Topoi, Motiven, Typen, Namen und Narrativen rund um die Hetäre und ihre gesellschaftlichen Wirkungsbereiche (Symposium, Rhetorik und öffentlicher Raum) besteht. Im scharfen Gegensatz zu anderen kaiserzeitlichen Autoren wie Dionysios Halikarnassos, Alkiphron und Athenaios stellt Lukian die Hetäre, ebenso wie παιδεία, als nicht verfügbares Begehrensobjekt dar, wie exemplarische Dialoganalysen aus seinem Œuvre nahelegen. Besonders in den Hetärendialogen zeigt sich, dass Lukian einen erotischen Kosmos erschafft, der sowohl zu einer Erotisierung von παιδεία führt, als auch den Rezeptionsakt selbst zu einem vom Scheitern bedrohten performativen Akt macht. Denn die Hetärentexte basieren zwar auf einem sprachlichen und sachlichen Attizismus, variieren aber gleichzeitig hypotextuelle Indikatoren, die den Rezipienten permanent seine Bildungshoheit und Männlichkeit hinterfragen lassen. Die Dynamik der erotischen Beziehung zu einer Hetäre gibt bei Lukian insofern die paradoxen Rahmenbedingungen einer Kultur des Sehnens der Lächerlichkeit preis. Daher kann die erotische Beziehung zu Hetären im Corpus Lucianeum als metaphorischer Darstellungsmodus für die unstillbare Sehnsucht des kaiserzeitlichen Rezipienten nach der vergangenen kulturellen Blütezeit Griechenlands gelesen werden.},
url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/8151}
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